Landesregelung

Ausführungsvorschriften über die Ausgabe der Card für Jugendleiterinnen und Jugendleiter (Juleica) im Land Berlin

(Ausführungsvorschriften Juleica – AV Juleica)

vom 01.01.2024

Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie, III C 1

Telefon 90227 6249,
intern 9 227 6249

Aufgrund des § 33 Absatz 2 Satz 1 zweiter Halbsatz und § 56 Absatz 1 des Gesetzes zur Ausführung des Kinder- und Jugendhilfegesetzes zur Unterstützung von Familien und zur Förderung der Beteiligung und Demokratiebildung junger Menschen und Familien (Jugendhilfe-, Familien- und Jugendfördergesetz - AG KJHG) in der Fassung vom 27. April 2001 (GVBl. S. 134), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 31.08.2023 (GVBl. S. 995) und auf der Grundlage des Beschlusses „Weiterentwicklung der Jugendleiter*in-Card (Juleica)“ der Jugend- und Familienministerkonferenz am 25./26.05.2023 wird nach Anhörung des Landesjugendhilfeausschusses bestimmt:

1 – Begriffsbestimmung

Jugendleiterinnen und Jugendleiter sind in den Feldern der Jugendarbeit im Sinne der §§ 11 und 12 SGB VIII ehrenamtlich tätig. Zu den Aufgaben gehören insbesondere die Leitung von Kinder- und Jugendgruppen, Freizeitprojekten für Kinder und Jugendliche, internationalen Begegnungen, außerschulischen Jugendbildungsmaßnahmen sowie die politische Interessenvertretung und die Förderung der Beteiligung junger Menschen. Die Tätigkeit von Jugendleiterinnen und Jugendleitern ist Ausdruck einer selbstbestimmten und selbstorganisierten Jugendarbeit.

2 - Zweck der Juleica

(1) Die Card für Jugendleiterinnen und Jugendleiter (Juleica) ist die bundeseinheitliche amtliche Karte für Personen, die ehrenamtliche Aufgaben in der Kinder- und Jugendarbeit übernehmen. Sie dient diesen:

  • zur Legitimation gegenüber Erziehungsberechtigen von minderjährigen Teilnehmenden in der Kinder- und Jugendarbeit,
  • zur Legitimation gegenüber staatlichen und nichtstaatlichen Stellen, von denen Beratung und Unterstützung erwartet wird,
  • als Berechtigungsnachweis für die Rechte und Vergünstigungen, die an die Eigenschaft als ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit tätige Person oder ausdrücklich an das Vorhandensein einer Juleica anknüpfen.

Darüber hinaus kann die Juleica dem Träger als Nachweis der fachlichen Eignung von Personen für die ehrenamtliche Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit u.a. i.S.v. § 74 Abs. 1 Nr. 1 SGB VIII und i.S.v. § 831 Abs. 1 Satz 2 BGB dienen.

 

(2) Die Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie bemüht sich, der Juleica auch über den staatlichen Bereich hinaus Anerkennung und Unterstützung zu verschaffen.

3 – Antragstellende, Zuständigkeiten

(1) Die Juleica ist für ehrenamtlich Mitarbeitende in der Kinder- und Jugendarbeit bestimmt. Sie kann auch für neben- und hauptberufliche Mitarbeitende ausgestellt werden, soweit sie sich auch ehrenamtlich in der Kinder- und Jugendarbeit betätigen.

(2) Voraussetzung ist, dass die betreffende Person im Sinne des § 73 SGB VIII dauerhaft ehrenamtlich für einen Träger der freien Jugendhilfe, der gemeinnützige Ziele verfolgt (i.S. § 75 (1) Punkt 2 SGB VIII), oder für einen Träger der öffentlichen Jugendhilfe tätig ist.

(3) Für das Verfahren ist die für Jugend zuständige Senatsverwaltung zuständig. Die Durchführung wird dem Landesjugendring Berlin übertragen. Dieser ist gegenüber der für Jugend zuständigen Senatsverwaltung nachweispflichtig.

4 – Voraussetzungen

(1) Die Ausstellung einer Juleica setzt voraus, dass die betreffende Person eine ausreichende praktische und theoretische Qualifizierung (Juleica-Ausbildung) für die Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit erhalten hat und in der Lage ist, verantwortlich Aktivitäten mit Kindern und Jugendlichen zu gestalten. Für die Qualifizierung gelten die im Folgenden aufgeführten Standards:

  • Die Qualifizierung zum Erwerb der Juleica umfasst mindestens 40 Zeitstunden.
  • Die Qualifizierung zum Erwerb der Juleica darf nur von anerkannten Trägern der freien Jugendhilfe und von öffentlichen Trägern der Jugendhilfe im Sinne des SGB VIII durchgeführt werden.
  • Grundsätzlich sind im Rahmen der Qualifizierung Ausbildungsgänge in Präsenz oder gemischte Ausbildungsgänge möglich, die teilweise in Präsenz und teilweise unter Nutzung von webbasierten Elementen stattfinden. Dabei müssen mindestens 20 Zeitstunden in Präsenz stattfinden. Auch bei der Nutzung von webbasierten Elementen muss die Qualifizierung in einem Gruppensetting und mit fachlicher Begleitung stattfinden.
  • Kann eine Person eine anerkannte pädagogische Berufsausbildung oder ein entsprechendes Hochschulstudium nachweisen, bei der bzw. dem ein deutlicher Bezug zur Kinder- und Jugendarbeit besteht und in dem die Inhalte der Qualifizierung zum Erwerb der Juleica umfassend behandelt wurden, kann im Einzelfall vom Träger die Möglichkeit geprüft werden, von der Voraussetzung einer spezifischen Qualifizierung zum Erwerb der Juleica ganz oder teilweise abzusehen.
  • Die Qualifizierung zum Erwerb der Juleica darf bei Beantragung der Juleica in der Regel nicht länger als ein Jahr zurückliegen.
  • Zusätzlich ist der Nachweis einer Erste-Hilfe-Ausbildung entsprechend der Gemeinsamen Grundsätze für die Aus- und Fortbildung in Erster Hilfe der Bundesarbeitsgemeinschaft Erste Hilfe (BAGEH) zu erbringen. Ausnahmen regeln sich nach der Fahrerlaubnisverordnung (FeV). Für die Verlängerung (Neu- Ausstellung) der Juleica im Sinne von Nr. 5 Abs. 2 wird empfohlen, auf eine Auffrischung der Kenntnisse z.B. durch eine Erste-Hilfe-Fortbildung entsprechend der Gemeinsamen Grundsätze der BAGEH hinzuwirken.

Eine Qualifizierung zum Erwerb der Juleica, die bei einem in einem anderen Bundesland ansässigen Träger nach den dortigen Regelungen absolviert wurde, wird anerkannt, sofern diese den im Beschluss „Weiterentwicklung der Jugendleiter*in-Card (Juleica)“ der Jugend- und Familienministerkonferenz am 25./26.05.2023 formulierten Mindeststandards entspricht.

(2) Die Juleica soll in der Regel nur für Personen ausgestellt werden, die das 16. Lebensjahr vollendet haben. In vom Träger zu begründenden Fällen kann die Juleica auch für Personen im Alter von 15 Jahren ausgestellt werden.

(3) Die praktische und theoretische Qualifizierung zum Erwerb der Juleica ist geprägt von aktuellen Themen junger Menschen und der Kinder- und Jugendarbeit wie Partizipation, Beteiligung und Teilhabe aller Kinder und Jugendlichen (Diversität, Inklusion, Geschlechtergerechtigkeit). Sie umfasst mindestens folgende Inhalte:

  • Rolle einer Jugendleitung (Aufgaben, Funktionen, Grenzen)
  • Befähigung zur Leitung von Gruppen
  • Ziele, Methoden und Aufgaben der Kinder- und Jugendarbeit
  • rechtliche und organisatorische Themen der Kinder- und Jugendarbeit
  • psychologische und pädagogische Grundlagen für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen
  • Gefährdungstatbestände des Jugendalters und Fragen des Kinder- und Jugendschutzes
  • Prävention vor sexualisierter Gewalt und Umgang mit sexuellen Grenzverletzungen in der Kinder- und Jugendarbeit

Darüber hinaus wird empfohlen, auch verbandsspezifische Themen zum Bestandteil von Ausbildungsstandards zu machen.

(4) Die Jugendleiterin oder der Jugendleiter muss die für die Tätigkeit in der Kinder- und Jugendarbeit erforderliche persönliche Zuverlässigkeit besitzen. Dies heißt insbesondere, dass Gruppenprozesse erkannt und begleitet werden können, besonnen und angemessen in Konfliktsituationen reagiert werden kann, dass das eigene Verhalten, die Leitungsrolle und die damit verbundene Verantwortung eingeschätzt werden können sowie die demokratischen Werte unserer Gesellschaft anerkannt und umgesetzt werden.

(5) Die Prüfung der Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1 bis 4 obliegt dem Träger nach Nr. 3. Abs. 2 im Rahmen des Antragsverfahrens. Zur Qualitätssicherung hat der Landesjugendring Berlin in Zweifelsfällen die Erfüllung der Voraussetzungen nach Abs. 1 bis 4 zu überprüfen.

5 – Gültigkeit, Rückgabe, Form

(1) Die Gültigkeitsdauer der Juleica beträgt maximal drei Jahre. Wenn die Voraussetzungen für die Ausstellung entfallen, ist die Juleica zurückzugeben.

(2) Für die Verlängerung (Neu-Ausstellung) der Juleica ist die Teilnahme an einer oder mehreren Fortbildungsveranstaltungen im Umfang von mindestens 8 Zeitstunden nachzuweisen. Fortbildungsveranstaltungen können vollständig webbasiert durchgeführt werden. Die Fortbildung muss in jedem Fall in einem Gruppensetting und mit fachlicher Begleitung erfolgen. Der Antrag auf Verlängerung (Neu-Ausstellung) soll in der Regel spätestens 18 Monate nach Ablauf der aktuellen Juleica gestellt werden.

(3) In anderen Bundesländern ausgestellte Juleicas werden anerkannt.

(4) Der Träger nach Nr. 3. Abs. 2, der eine Juleica genehmigt hat, bleibt Eigentümer dieser individuellen Karte. Er kann diese zurückfordern, sollten die Voraussetzungen für die Ausstellung der Juleica entfallen.

Diese Ausführungsvorschriften treten rückwirkend zum 01.01.2024 in Kraft.

Katharina Günther-Wünsch
Senatorin für Bildung, Jugend und Familie